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Test Bavaria E40 Hybrid

Binnenreviere haben ihren Charme. Bavaria hat das Boot dafür. Claus Reissig war mit Batterie und Diesel auf dem Main.

 

Fabio Marcellino wirkt in der fränkischen Provinz noch ein wenig fehl am Platz. Die Blätter rauschen, Vögel singen neben der Reling, zwischen Autobahnbrücken und Büschen schleicht Marcellino mit der E40 Sedan Hybrid über den Main. Verdient hat sich der Italiener seine Meriten bei Luxusyacht-Hersteller Ferretti an der mediterranen Westseite des Stiefels, die nicht gerade für schleichende Boote bekannt sind. Jetzt ist er Product Manager von Bavarias erster Verdrängeryacht, entwickelt zusammen mit den Konstrukteuren von Vripak in den Niederlanden, anerkannten Experten also auf ihrem Gebiet. Das markanteste Detail der ansonsten sehr Bavaria-Linien-treuen Yacht ist daher vielleicht der durchgehende Kiel unter dem Schiff. Die E40 soll nicht rasen und um die Ecken zirkeln, sie soll reisen und stoisch geradeaus fahren.

Bavaria erfindet sich gemeinsam mit Fabio Marcellino also ein Stück weit neu, ein mutiger Schritt. Dass hier etwas ganz Anderes entstanden ist – langsam Reisen ist schließlich ein Novum in Giebelstadt – zeigt auch die Position des Steuerstandes: innen und am hinteren Ende der Kabine. Der Rudergänger bleibt mit Blick auf Pantry oder Polsterecke Teil des Schiffsbetriebs. Da sich bei dem Verdränger selbst bei maximaler Fahrt der Bug nur um wenige Grad anhebt, bleibt der Blick nach vorn erhalten. Massive Wischer und ein aufwendiges Lüftungssystem sorgen dafür, dass er den Durchblick behält. Nicht nur bei schlechtem Wetter soll der große Salon der E40 benutzt werden, wenn man mit der E40 durchs Revier tingelt; Rundumsicht aus die großen Fenster ringsherum inklusive.

Das markanteste Detail ist vielleicht der durchgehende Kiel unter dem Schiff. Die E40 soll nicht rasen und um die Ecken zirkeln, sie soll reisen und stoisch geradeaus fahren.”

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Erst wenn man von hier durch die große Salon-Schiebetür die drei Stufen nach draußen nimmt, merkt man, dass es sich bei der E40 um ein Achterkabinen-Schiff mit Maschine in der Bootsmitte handelt. Direkt neben dem Fahrersitz geht die Treppe nach unten, und über einen Vorraum in die Achterkabine. Mit knapp zwei Meter Stehhöhe und einem rechteckigen Bett könnte es sich der neue Eigner durchaus als Masterkabine vorstellen. Optional bietet Bavaria das Schiff vor allem für den Chartereinsatz hier mit zwei Doppelkabinen an, die sich dann das gemeinsame Bad teilen.  Das Vorschiff mit einem separatem Bad und Dusche ist auf der vorderen Salonseite ebenfalls komplett von der Wohnebene abgetrennt.

Das ist alles nicht neu, sondern vor allem auf Stahlverdrängern so ähnlich häufig zu finden. Neu ist die Kombination eines Großserienschiffes aus GfK mit diesem Konzept. Bavaria will damit auf dem Charterrevieren wie der Müritz oder auch im Mittelmeer Fuß fassen und man muss kein Prophet sein, um dem Schiff in diesem Marktsegment einen Erfolg vorher zu sagen.

Dass hier etwas ganz Anderes entstanden ist zeigt die Position des Steuerstandes: innen und am hinteren Ende der Kabine. Der Rudergänger bleibt mit Blick auf Pantry oder Polsterecke Teil des Schiffsbetriebs.”

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Der Außenbereich auf dem Achterdeck ist mit seinen Sitzelementen perfekt in die äußeren Linien der E40 integriert, lediglich die leicht wirkenden und frei stehenden Rückenlehnen deuten auf die auch für große Gruppen geeignete Sitzecke hin. Wie bei Bavarias Segelyachten lässt sich der Spiegel zudem als Badeplattform ausklappen. Ein Goodie, auf das viele andere Motoryachten verzichten. Wer mehr Außenflächen braucht, für den wird die E40 auch als Flybridge-Version verfügbar sein.

Auffälligstes Extra dürfte der Elektroantrieb sein, er macht die Yacht zu einem echten Hybridschiff: Es kann also mit beiden Antriebsarten jeweils unabhängig gefahren werden. Am faszinierendsten ist sicherlich das komplett geräuschlose Gleiten unter E-Motor. Mit fünf Knoten geht es über den verschlungenen Main, die 200 Amperestunden Batteriekapazität (bei 96 Volt) sollen für rund zwei Stunden gut sein. Bei sechs Knoten reduziert sich die Reichweite auf eine Stunde.

Als Hauptmaschine ist unser Testschiff mit dem aufpreispflichtigen 150-PS-Diesel von Volvo Penta bestückt. 1500 Umdrehungen genügen für eine Marschfahrt von rund sechs Knoten, bis zu 10 Knoten sind unter Volllast möglich. Angetrieben wird die Yacht über eine starre, im Kiel liegende Welle, gelenkt über geschützt hinter dem Kiel stehendes Ruderblatt. Die Manövriereigenschaften sind damit durchaus einem Langkieler ähnlich: Voraus fährt das Schiff stoisch seinen Kurs und muss nicht mit vielen Lenkbewegungen korrigiert werden. In Rückwärtsfahrt ist die Reaktion auf das Ruder verhalten, der Kurs kann dann mit dem Bugstrahlruder (5.474 Euro) korrigiert werden. Zum Anlegen ist zudem ein achteres Querstrahlruder (5.712 Euro) erhältlich, das ebenfalls in den Kiel integriert wird.

Mit dem 150 PS Diesel ist der Verdränger vernünftig motorisiert. Eine Spitzenleistung von 300 PS ist möglich, aber zumindest auf Binnen- und in küstennahen Revieren unnötig um das Konzept des leisen Gleitens zu genießen.

Test Bavaria E40

Mit dem 150 PS Volvo Penta Diesel (Aufpreis 16.600 Euro) ist Bavarias Verdränger vernünftig motorisiert. Zwar ist eine Spitzenleistung von 300 PS möglich, aber zumindest auf Binnen- und in küstennahen Revieren unnötig um das Konzept des leisen Gleitens zu genießen. Die kleine 75-PS-Variante wird sich vermutlich in den meisten Charterschiffen wieder finden. Der Elektroantrieb dürfte mit gut 70.000 Euro Aufpreis hingegen eine Ausnahme auf der E40 bleiben.

Auch wenn private Eigner als Kunden mit auf der Agenda stehen, ist die Gesamtausrichtung der E40 spürbar der Chartermarkt. Es fehlen der sichtbare Luxus, die verspielten Haben-Wollen-Elemente, die ein Eignerschiff auszeichnen. Diese Bavaria ist praktisch, klar gezeichnet und gut nutzbar, viele weiße Flächen oder die Bodenbeläge in den Kabinen geben jedoch einen Hinweis darauf, dass auch der konkurrenzfähige Preis ganz oben im Lastenheft stand. Wen das als Eigner nicht stört, der bekommt für sein Geld eine größere Reiseyacht, als es das Budget vermutlich normalerweise hergeben würde, in der Standardversion steht die E40 mit knapp 240.000 Euro in der Liste. Da lehnt sich die E40 an die ebenfalls in beiden Märkten erfolgreichen Segelyachten Bavarias an.

Daten:

Länge ü. A.: 12,29 m
Rumpflänge: 11,99 m
Länge Wasserlinie: 11,55 m
Breite: 4,2 m
Tiefgang max. ca.: 1,1 m
Durchfahrtshöhe max/min ca.: 3,4 m
Kabinenhöhe ca.: 2,2 m
Gewicht leer: 10.500 kg
Baumaterial: GfK
Motorisierung Test: 1 x Volvo Penta D3 (110 kW/150 PS) plus Elektromotor (20 kW)
Brennstoff: Diesel / elektrisch
Antriebsart: Welle
Kraftstofftank: 540 l
Frischwassertank: 420 l
Schmutzwassertank: 2 x 70 l
Konstruktion /Design: Vripak
CE-Kategorie: B/10
Schlafplätze: vier
Preis Standard /Testschiff 236.810 / 358.760 Euro
1/min kn l/h l/sm sm dB/A
830 3,6 o,9 0,25 1944 60
1500 6,30 4,60 0,73 666 66
1800 7,20 6,60 0,92 530 69
2400 8,70 15,00 1,72 282 72
2600 9,10 18,00 1,98 246 73
3000 10,00 28,00 2,80 174 74

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