SB Jeanneau54 Artikel 2

Test Jeanneau 54

Segeln allein genügt nicht. Weiß man bei Jeanneau. Deswegen gibt es an jeder Stelle Flächen zum Relaxen

Für Erik Stromberg, Produktentwickler bei Jeanneaus Segelbootsparte, ist die Sache einfach: „Sicher,“ sagt er humorvoll, „wir können den Leuten auch weiterhin erzählen, dass segeln kalt, nass und ungemütlich sein muss – aber dann wird der Markt für uns doch sehr klein.“ Was lustig klingt enthält vermutlich viel Wahres. Immer mehr Menschen wollen ihren Urlaub auf dem Wasser verbringen, „also baden, Spaß haben, fernsehen,“ sagt US-Amerikaner Stromberg, „und eben auch segeln.“ Letzteres sei als alleiniges Merkmal jedoch heute nicht mehr ausreichend – und Jeanneau baue die Schiffe dafür.

Jüngstes Kind ist die mit Innovationen gespickte gut 16 Meter lange Jeanneau 54, Nachfolgerin der Jeanneau 53. Auffällig von außen mit Kimmkanten, die tatsächlich das Heck flacher werden lassen, ohne dass das Boot zu sehr in die Breite geht. Zudem gewinnt Jeanneau durch die steileren Bordwände so einige Zentimeter mehr Platz in der Achtertkabine.

Das Rigg ist auffällig kurz mit breiten Salingen, weit entfernt von auf Performance orientierten Schiffen. Das soll die neue Jeanneau nach Wunsch ihrer Entwickler auszeichnen: Leben an Bord hat Vorrang. Eine Reihe netter Plätze zum Entspannen im Schatten oder eine aufwändige Badeplattform (optional) machen einen Tag in der Bucht zum Erlebnis. Auf Knopfdruck wird nicht einfach das Heck geöffnet, sondern ein Teil des Decks schiebt sich mit nach achtern und gibt eine Treppe mit speziellen Polstern frei, wie man sie auf einer weit größeren Yacht erwarten würde. Was dafür weg fällt, ist der Platz fürs Dingi, stattdessen kehren (versenkbare) Davits ans Heck der Jeanneau zurück.

Die Harken-Winschen entbinden die Crew elektrisch der Kurbelei. Arbeiten während des Segelns? Selten war es weiter entfernt als hier.

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Der Wind weht Heute für ein Schiff, das mit Spülmaschine, Waschmaschine, zwei Kühlschränken, einem Weinkühler, sowie einer Klimaanlage rund 17 Tonnen auf die Waage bringt, eher schwach. Zwischen 7 und 10 Knoten pendelt die digitale Anzeige. Auf dem Testschiff im Mittelmeer vor Cannes rollen wir die Genua und ein Großsegel aus. Das Segeln ist undramatisch, aber nicht gefühllos, alles funktioniert. Die Harken-Winschen entbinden die Crew elektrisch der Kurbelei. Was Puristen kritisieren mögen, passt gut zum Konzept, die Jeanneau 54 ist segelnder Freizeitpartner, nicht bewohnbare Performance-Maschine. Am Wind klettert die Anzeige immerhin auf 3,6 Knoten, unter Code Zero werden es halbwind später 6,9 Knoten. Gerade bei derart leichtem Wind ist zusätzlich zu der lediglich 63 Quadratmeter großen Genua auf der Optionsliste das Kreuz beim Code Zero ein Muss.

Aber Freizeitpartner hin oder her – so macht das Segeln eine Weile Spaß. Auffällig sind übrigens die zugunsten optimaler Rumnutzung bis in die Heckkörbe verschobenen Rudergängersitze, die damit ihren Teil zu den großzügigen Platzverhältnissen beitragen. Die Teilung des Cockpits in Arbeits- und Erholungsbereiche ist vielleicht nichts Neues. Neu ist, dass die Bänke mit ihren Polstern weit in den Aufbau hinein reichen und herrliche Plätze zum Ausruhen bieten. Arbeiten während des Segelns? Selten war es weiter entfernt als hier.

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Unter Deck ist das Schiff in einem hellen Holzton gehalten, echte Holzfasern sind zu einem gleichmäßigen Kunstholz verklebt. Ungewöhnlich sind auch hier die Detaillösungen. In der Steuerbord-Achterkabine ist in dem für den australischen Markt bestimmten Modell die Pantry untergebracht, auf der Backbordseite befindet sich die so genannte VIP-Kabine mit eigenem Bad und einer Art frei stehendem Bett, das einen vergessen lassen kann, dass man sich unter dem Cockpit befindet. Im Vorschiff residiert schließlich der Eigner mit Portalbett und Duschbad. Diese Aufteilung ermöglicht einen für diese Schiffsgröße beeindruckenden Salon. Statt der Pantryzeile an Backbord (die man optional ordern kann) steht hier eine weitere Sitzbank, gegenüber liegt die weitläufige Sofalandschaft mit ausfahrbarem Fernseher.

Wer glaubt, die Segelei ist auf so einem Schiff auf dem Rückzug, der irrt übrigens, zumindest was zwei Details angeht. Denn Renaissance feiert der bereits von vielen Herstellern tot gesagte Kartentisch. Designer Andrew Winch bestand auf dieses Detail. Nach seiner Ansicht braucht eine Yacht einen Platz für den Skipper, von wo er das Schiff überwacht. Trotz elektronischer Seekarten im Cockpit kann man ihm da nur Recht geben; es ist etwas andres, wenn man sich mit seinem Hafenhandbuch an den Navigationsplatz setzt, statt an den Salontisch, wo man spätestens zum Abendessen wieder verschwunden sein muss.

Wer glaubt, die Segelei ist auf so einem Schiff auf dem Rückzug, der irrt übrigens, denn Renaissance feiert der bereits tot gesagte Kartentisch

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Das zweite bemerkenswerte Detail ist die Überlegung, die Pantry ins Achterschiff zu bauen. Das ist mehr als eine Notlösung. Die Küchengeräte und Schränke können in zwei Zeilen eingebaut werden, wie es bei einer Standardaufteilung in einem Durchgang nie machbar wäre. So findet sich hier neben der Waschmaschine Platz für die beschriebene Spülmaschine, Mikrowelle und einen großen Kühlschrank mit zwei Auszügen. Dank der steilen Bordwände kann sogar ein dreiflammiger Kocher mit Backofen verbaut werden, der halbkardanisch in beide Richtungen frei schwingt – ein auf vielen Schiffen lange vermisstes Detail. Auf See stellt sich der schmale Gang in der Pantry als sicherer (und weit achtern zudem ruhiger) Platz heraus, wobei Stehhöhe nur im vorderen Bereich herrscht.

Daten und Preise:

LüA: 16,16 m

Rumpflänge: 15,75 m

LWL: 14,25 m

Breite: 4,92 m

Leergewicht: 17164 kg

Ballast: 4645 kg

Ballastanteil: 27 %

Tiefgang: 2,24 m (Flachkiel 1,77 m)

Diesel: 240 l

Wasser: 724 l

Rollgroß: 48 qm (Standard 60 qm)

Genua (109 %): 63 qm

Fock: 49 qm

Code Zero: 108 qm

Asymmetrischer Spinnaker: 197 qm

Durchfahrtshöhe: 22,40 m

Maschine: Yanmar 75 PS, Saildrive

CE Kategorie: A (Hochsee)

Konstruktion/Design: Philippe Briand/Andrew Winch Design

Preis: ab 408.840,- Euro

Segelleistungen (Wind 7 Knoten):

Am Wind (48°): 3,6 kn

60°: 3,7 kn

90°: 6,9 kn (Code Zero)

120°: 5,1 kn (Code Zero)

180°: 3,2 kn (Code Zero)

 

Geräuschpegel (dB/A) bei Marschfahrt

Vorn   Salon Achterkabine           Cockpit

64       72       80       67

 

Kojenmaße (Breite gemittelt)

Vorschiff: 2,01 x 1,33 m

Achtern: 2,01 x 1,34 m

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