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Test Fjord 36 Open

Seitdem die HanseYachts AG Fjord übernommen hat, ist dort Schluss mit Zurückhaltung. Die 36 gibt’s mit Außenbordern oder – cooler – mit 2 Diesel-Innenbordern und 600 PS!

 

Story und Fotos: Claus Reissig

 

Patrick Banfield ist ein eher unauffälliger Mann. Geht man mit ihm über die boot in Düsseldorf, erkennt den Engländer fast niemand, sagen die, die mit ihm zusammenarbeiten. Anders auf der Superyachtshow in Monaco: Da kommt Patrick Banfield kaum den Steg entlang ohne irgendeine Hand zu schütteln. Kein Wunder, schließlich entwirft er vorwiegend Superyacht-Tender.

Die „Eclipse“, zweitgrößte Yacht der Welt, hat ein Boot aus Banfields Feder und auch „Rising Sun“ oder „Octopus“. Aber seine vielleicht bekannteste Konstruktion ist der Wally Tender. Wahrscheinlich eine der Wallys, die einem am ehesten einfällt, wenn man über die klaren italienischen Designs nachdenkt. Auf jeden Fall aber die am meisten verkaufte, sündhaft teuer dazu, wie alles von Wally.

In Monaco kommt Konstrukteur Banfield (links) kaum den Steg entlang ohne irgendeine Hand zu schütteln. Kein Wunder, schließlich entwirft er vorwiegend Superyacht-Tender. Die „Eclipse“, zweitgrößte Yacht der Welt, hat ein Boot aus Banfields Feder und auch „Rising Sun“ oder „Octopus“

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Und eben diesen Patrick Banfield konnte die ostdeutsche HanseYachts AG für die neue Fjord 36 Open gewinnen. OK, die ebenfalls zum Konzern gehörenden Hanse Segelyachten werden mit Rolf Vrolijk auch von einem Konstrukteur mit Weltruf gezeichnet. Aber bei der Fjord ist es doch irgendwie etwas anderes.  Denn während Hanses bei weitem nicht aussehen wie ein America´s Cupper der vorletzten Generation, kann die knapp elf Meter lange 36 mit ihren klaren Linien den Wally Tender kaum verleugnen. Jetzt herunter gebrochen für den – nun ja – Massenmarkt, zu einem fast vertretbaren Preis, obwohl man nicht müde wird zu sagen, dass mindestens 210000 Euro immer noch eine stattliche Summe sind.

Die knapp elf Meter lange 36 kann mit ihren klaren Linien den Wally Tender kaum verleugnen. Jetzt herunter gebrochen für den – nun ja – Massenmarkt, zu einem fast vertretbaren Preis, obwohl man nicht müde wird zu sagen, dass mindestens 210000 Euro immer noch eine stattliche Summe sind.”

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Aber dafür gibt es auch etwas. Nämlich die Alternative zu all den anderen massenmarkttauglichen Booten mit zwei Kabinen, Bad, Küche und kleinem Wohnzimmer. Die Fjord hat all das nicht, will es nicht haben, jedenfalls nicht in diesem Umfang – das sieht man von außen. Sie ist kein Daycruiser, kein Weekender, sie ist die Open, das Mittelkonsolenboot. Dass sie bewohnbar ist, sieht man erst auf den zweiten Blick, denn unter Konsole und Vordeck mit Essecke verbirgt sich ein Bett für zwei und ein Bad mit Dusche, in dem man aufrecht stehen kann. Die Motorisierung? Keine V8s brüllen durchs Hafenbecken, obwohl man das nahezu erwartet, wenn man die Schlüssel herumdreht. Stattdessen reiben und schnarren zwei Volvo Penta Diesel-Vierzylinder mit Turbos und Kompressoren; gekoppelt mit Aquadrives und Duoprops – wie vernünftig!

Im Grunde eine zeitgemäße High-Tech-Motorisierung mit beeindruckenden 600 PS, auch wenn sie einen beim Anlassen erstmal sprachlos macht, aber den Drang nicht bremst: das Boot fahren zu wollen. Raus hier, aufs Wasser! schreit es im Hinterkopf. Die Fjord 36 ist derart mit Emotionen aufgeladen, wie es vielleicht ein getunter BMW-Diesel ist. Ein Boot, das will, dass die Gashebel nach vorne gedrückt werden, das die Sicherheit von Großserientechnik gibt, auf das Posen mit offenen Rohren verzichtet und zudem gepflegt die Partnerin oder gleich den ganzen Freundeskreis in die nächste Bucht zu verfrachten in der Lage ist.

Die Motorisierung? Keine V8s brüllen durchs Hafenbecken, obwohl man das nahezu erwartet. Stattdessen reiben und schnarren zwei Volvo Penta Diesel-Vierzylinder mit Turbos und Kompressoren; gekoppelt mit Aquadrives und Duoprops – wie vernünftig!”

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Wenn man bereit ist beim Wohnen Abstriche zu machen, hat man seine eierlegende Wollmilchsau gefunden. Noch dazu eine, die den Verkehr rund ums Hafenbecken für einen Moment stillstehen lässt. Keine Finger zeigen auf einen, kein Boa-Eyh! Diesen Anblick genießt man ruhig. Da kann ein Patrick Banfield etwas, das viele andere nicht können.

Testfahrt Teil zwei, was jetzt kommt, sollte eigentlich die erwähnte Partnerin nicht sehen: aus voller Fahrt reißt der Fahrer für den Fotografen das Ruder zur Seite, die Fjord verschwindet kurz in der Gischt, reißt das Mittelmeer auf, um auf der anderen Seite so trocken wieder heraus zu kommen, als hätte sie mal kurz das Meer geteilt. Nichts, was der spätere Besitzer vermutlich mit seinem Schiff machen wird. Er könnte, wenn er wollte. Die Fotos zeigen wir trotzdem, weil sie spektakulär aussehen – und irgendwie passt das zu diesem Boot.

Das sollte eigentlich die erwähnte Partnerin nicht sehen: die Fjord verschwindet kurz in der Gischt, reißt das Mittelmeer auf, um auf der anderen Seite so trocken wieder heraus zu kommen, als hätte sie mal kurz das Meer geteilt.”

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An Bord fällt die ganze Geschichte etwas undramatischer aus. Das Schiff hat eine elektronische Steuerung („steer by wire“), der Lenkeinschlag ist von Volvo Penta dynamisch begrenzt, um ein Übersteuern bei hohen Geschwindigkeiten zu vermeiden. Die Fjord ist bei Bedarf zahm wie der vorab genannte BMW, fast vernünftig. Partnerinnen mögen das. Trotz der beachtlichen Breite von 3,65 Metern hat die 36 vorne ein schlankes Unterwasserschiff mit auf die Reise bekommen, das starkes Schlagen bei Welle erfolgreich dämpft. Bei einem Meter Welle gegenan sind 25 bis 29 Knoten durchaus vertretbar, das ist ihr „Sweet Spot“, wie Banfield es nennt; die Wohlfühlgeschwindigkeit. Erst darüber wird es laut und ungemütlich bei Seegang. Maximal 42 Knoten sind möglich.

Noch einmal zurück zu den Maschinen. Sie passen so perfekt zu diesem Boot, dass man die V8-Diskussion jetzt mit ruhigem Gewissen vergessen kann. Open und Diesel passt wohl doch. Wie Panamera oder E Klasse Cabrio und Diesel. 600 Liter Tankvolumen machen eine Reichweite von rund 300 Seemeilen möglich, zukünftig könnte sie mit einem optionalen Zusatztank 500 Seemeilen erreichen. Welches offene Boot kann das sonst? Das zusätzliche Gewicht soll der Fjord nichts ausmachen, sagt Konstrukteur Banfield. Erlebt man sie, kann man es leicht glauben, Kraft ist jedenfalls reichlich vorhanden.

Die Fjord ist komfortabler und praktischer als es aussieht. Ein Boot, wo drin ist, was draufsteht, wie der Konstrukteur es ausdrückt. Oder mit andren Worten: eins das funktioniert.”

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Dass alle Passagiere hinter der großen Scheibe recht geschützt reisen, erwartet man fast nicht. Überhaupt ist das Boot komfortabler und praktischer als es aussieht. Ganz so wie sich das der Ex-Whitbread- und Ex- America´s-Cup-Segler Banfield vorstellt. Ein Boot, wo drin ist, was draufsteht, wie er es ausdrückt. Oder mit andren Worten: eins das funktioniert.

Länge 10,80 m
Breite 3,65 m
Verdrängung (leer) 6 t
Frischwassertan 160 l
Dieseltanks 600 l
Antrieb 2 x Volvo Penta D4-300 mit je 220 kW/300 PS (Standard 2 x 260 PS
CE-Kategorie B (ungeschützte Gewässer bis 8 Beaufort)
Design Patrick Banfield/Allseas Design
Werft HanseYachts AG; Salinenstraße 22; D-17489 Greifswald.

www.fjordboats.com

Fahrwerte

1/min Knoten dB/A
700 5,4 66
1000 7,2 69
1500 11 78
2000 20 77
2200 24 78
2500 29 79
2700 32 80
3000 36 80
3300 42 80

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