SB Elan S1 Artikel

Test Elan S1

Goodbye, S1!

Es müssen nicht die großen Boote sein, mit denen man Spaß hat. Elan hatte bis jetzt das ideale Schiff dafür. Jetzt wird die S1 eingestellt. Ein Nachruf bei Windstärke sieben.

Test und Fotos: Claus Reissig

„Wenn ich bei jedem verkauften Boot 1000 Mark mitbringe, hilft auch keine große Stückzahl!“ sinnierte schon in den Neunzigern Willy Dehler selig über sein legendäres Rotkäppchen. Wenige Jahre später musste der Einsteigertraum vom Markt genommen werden – zu teuer, zu aufwendig, kein Gewinn. Jetzt erwischt es also die Elan S1: Ein exzellentes Schiff für Sportler und Familien, das den Nachwuchs zum Segeln hätte führen können. Aber Ende 2017 beschließt die slowenische Werft das Ende. Dabei hatte alles so gut angefangen.

Reichlich 25 Knoten Wind, in Böen über 30, sind keine idealen Testbedingungen. Schon gar nicht für ein Boot von knapp sieben Meter Länge. Die Schläge der Foliensegel hören sich an wie die von Pauken, weit legt sich die kleine Elan 210 auf die Seite, da würde man sich manchmal etwas mehr Abstand zur algengrünen Peene wünschen. Wer seine seglerische Grenze sucht wird hier Heute fündig, zumindest mental. Denn der Stress findet im Kopf statt, die kleine slowenische Yacht erträgt die schlechte Behandlung mit stoischer Ruhe.

Manchmal würde man sich eine Reling im Rücken wünschen, nur so, zur Beruhigung. Aber die hängt schlapp hinter uns außenbords, damit sich die Crew mit den Füßen in den Ausreitgurten weit hinauslegen kann”

SB Elan S1 11 Artikel

Segel schlagen, Sonnenschuss, dazwischen abfallen, die Schoten dicht und die nächste Böe: Messwerte kommen so nicht zustande. Sicherlich ist die Elan 210 schnell, das lässt sich sagen, aber Dinge wie Wendewinkel bleiben unermittelt. Nach einiger Zeit am Ruder tritt Gewöhnung ein, es passiert immer wieder dasselbe und es wird eine Betrachtung des Schiffes möglich. Die Ruderanlage zum Beispiel ist doppelt ausgeführt, damit bei Lage auch immer ein Blatt im Wasser ist. Bei diesen Bedingungen ein unschätzbarer Vorteil. Auch wenn es an dem aufpreispflichtigen Pinnenausleger etwas gefühllos zugeht bleibt das leer 900 Kilogramm schwere Boot immer kontrollierbar.

Manchmal würde man sich eine Reling im Rücken wünschen, nur so, zur Beruhigung. Aber die hängt schlapp hinter uns außenbords, damit sich die Crew mit den Füßen in den Ausreitgurten weit hinauslegen kann. Beides nachgerüstete Extras übrigens, die jungen Segler wollen Regatten gewinnen, suchen eher eine Jolle als ein Dickschiff. Der Übergang ist bei dieser Bootsgröße zugegebenermaßen fließend. Standardmäßig jedenfalls ist die Reling straff und es gibt auch einen Bugkorb. CE-Kategorie C steht auf dem Typenschild, das Boot soll also für küstennahe Gewässer, große Buchten und Flussmündungen geeignet sein, das passt ja. Maximal sechs Beaufort sieht die Zertifizierung vor, das passt fast. Nur selten ist die Probefahrt eines Bootes genau an dessen Grenzen möglich, da ist das Wetter Heute also ein Glücksfall.

Unwillkürlich stellt man sich die Frage, wie viel Schiff man eigentlich braucht um Spaß zu haben. Schaut man in die Gesichter der fraglos jungen Testcrew scheinen 6,60 Meter vollauf zu genügen.”

SB Elan S1 34 Artikel

Auf dem Krösliner See kurz vor der Ostsee steht rund ein Meter Welle, seine Weite täuscht über seine nicht vorhandene Tiefe hinweg. Segeln kann man nur im Fahrwasser, daneben ist es flach, sehr flach sogar bei starkem Südwest. Während der Fotoaufnahmen wurden erst das Testschiff und dann auch noch das Schlauchboot für den Fotografen auf Grund gesetzt. Alles kein Problem, schon gar nicht mit einem kleinen, leichten Schiff. Unwillkürlich stellt man sich die Frage, wie viel Schiff man eigentlich braucht um Spaß zu haben. Schaut man in die Gesichter der fraglos jungen Testcrew scheinen 6,60 Meter vollauf zu genügen. Eine englische Faustregel sagt, dass man pro Lebensjahr einen Fuß Schiffslänge benötigt. Der Autor müsste sich Heute also mit einer 16-Meter-Yacht hinausbegeben und würde dafür eventuell nicht genug kräftige Mitsegler finden. Von dem Materialverschleiß einmal abgesehen, denn der hält sich bei einem 22-Fuß-Boot in Grenzen. Ein paar dünne Schoten, zwei kleine Harken-Winschen auf dem Kajütdach und eine Talje fürs Achterstag genügen. Der größte Posten könnten kaputte Segel sein und selbst die überstehen die harten Bedingungen problemlos.

Damit kann man mit der Elan 210 etwas machen, das mit größeren Schiffen offensichtlich so nicht mehr geht, nämlich einfach mal ungeachtet des Wetters segeln gehen. Dafür muss man natürlich die Abstriche in Kauf nehmen wollen, die ein kleines Boot mit sich bringt, vor allem unter Deck. Eine Nasszelle gibt es nicht, über eine optionale Fußpumpe lassen sich einige Liter Wasser zum warm Machen auf dem ebenfalls optionalen Gasherd in einen Topf pumpen. Licht? Auch optional, ebenso wie die aufsteckbaren Rückenlehnen, die auch ins Cockpit passen. Trotz ihrer geringen Höhe taugen sie durchaus zum Anlehnen, Unter Deck kann man zudem die Jacken dahinter klemmen. Dazu gibt es einen klappbaren Tisch mit Teleskopfuß, auch für drinnen und draußen, das ist schon fast ein wenig Luxus. Ansonsten ist es gar nicht so ungemütlich im – nennen wir ihn mal – Salon. Es gibt vier akzeptable Schlafplätze, sitzen kann man ebenfalls zu viert, der Tisch ist dann groß genug für eine Skatrunde mit den entsprechenden Getränken. Beim Essen sollte man besser zu zweit sein.

Ansonsten ist es gar nicht so ungemütlich im – nennen wir ihn mal – Salon. Es gibt vier akzeptable Schlafplätze, sitzen kann man ebenfalls zu viert, der Tisch ist dann groß genug für eine Skatrunde mit den entsprechenden Getränken”

SB Elan S1 28 Artikel

Unter Deck dominiert weißer Kunststoff, unterbrochen von ein wenig Holz von den Möbeln. Statt Schranktüren gibt es Kevlar-Segeltuch mit Klettverschluss. Das nicht wirklich Gemütlichkeit aufkommen möchte, liegt unter anderem daran, dass auf dem werftneuen Schiff noch die Plastiküberzüge über den Polstern sind. Das hat ihnen Heute einige nasse Flecke erspart, vor allem aus dem viereckigen Sack für den Gennaker, den wir recht optimistisch beim Auslaufen in den Niedergang gehängt hatten. Gesetzt hatten wir ihn nicht, da war der Respekt dann doch zu groß. Erwähnt werden sollte vielleicht, dass der Gennaker ebenso aufpreispflichtig ist, wie der dazugehörende ausfahrbare Bugspriet.

Reichlich 28.000 Euro kostete das kleinste Modell des slowenischen Skiherstellers Elan recht leer ab Werft. Rund 10.000 Euro konnte man noch einmal an Extras rechnen, bis man letztlich lossegeln kann. Dazu kommen noch ein Motor und eventuell ein Anhänger. Was nicht in der Preisliste zu finden ist, sind Gardinen oder Rollos für die recht großen Fenster. Vielleicht braucht man die auch nicht, wenn man 22 ist, bei einer 54-Fuß-Yacht wären sie jedenfalls dabei.

Aber das ist alles Geschichte, die Elan S1 dankt ab, die Internetseite ist nicht mehr erreichbar. Wer heute eine möchte, muss sie gebraucht kaufen. Und das sollte man tun!

Daten:

Länge 6,60 m
LWL 6,13 m
Breite 2,50 m
Tiefgang 1,55/0,50 m
Leergewicht 0,9 t
Ballast 0,36 t
Ballastanteil 39 %
Segelfläche 28,3 qm
Gennaker 52 qm
Wassertank 55 l
Außenborder (optional) 4,4 kW (6PS)
CE Kategorie C (küstennahe Gewässer)
Konstruktion Humphreys Yacht Design
Facebook