Test Cap Camarat im Mittelmeer vor Cannes. März 2016.

Verbrauch bei Motorbooten (1/3)

Die paar Liter mehr…

Auch wenn der Sprit grad günstig ist, ist Motorboot fahren nicht ganz billig. Im Gegensatz zum Auto ist der Verbrauch hoch. Über optimierte Boote ließe er sich reduzieren. Ein Blick in die Grundlagen der Energieeffizienz.

 

Story und Bilder: Claus Reissig

Motorboote und hoher Spritverbrauch gehören für Viele untrennbar zusammen. Vor allem umgerechnet auf hundert Kilometer, wie man es vom Auto gewöhnt ist, kommen schnell einmal über hundert Liter zusammen. Das liegt nur zum Teil an unökonomischen, zu großen Maschinen, der andere ist der extrem hohe Widerstand, den ein Motorboot im Wasser zu überwinden hat und der mit dem eines Autos, dass sich lediglich durch die Rollreibung der Reifen und den Fahrtwind aufgehalten sieht, kaum zu vergleichen ist.

Wasser ist ein zähes Medium, faul nennt es mancher Konstrukteur, weil es sich nur widerwillig um die fahrenden Boote herumbewegt.”

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Wasser ist ein zähes Medium, faul nennt es mancher Konstrukteur, weil es sich nur widerwillig um die fahrenden Boote herumbewegt. Die müssen also bei ihrer Fahrt dem nassen Element so wenig wie möglich Widerstand entgegensetzen.

Am wenigsten Energie pro gefahrener Seemeile wird verbraucht, wenn sich ein Boot jeweils langsam in seinem idealen Fahrzustand bewegt; ein Gleiter also in langsamer Gleitfahrt, ein Verdränger in langsamer Verdrängerfahrt, jeder Versuch dass zu ändern führt bei traditionellen Rümpfen, die speziell für diese Fahrzustände optimiert werden, zum schnellen Anstieg des Spritverbrauchs. Die Maschinen müssen dann – wie beim Auto auch – mehr leisten, wobei jedes benötigte PS eine bestimmte Menge Treibstoff verbraucht.

Am wenigsten Energie pro gefahrener Seemeile verbraucht ein Boot jeweils langsam in seinem idealen Fahrzustand. Ein Gleiter also in langsamer Gleitfahrt, ein Verdränger in langsamer Verdrängerfahrt.”

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Pro Stunde rechnet man pro PS mit einem Konsum von 0,21 Liter bei einem Diesel und 0,29 Liter bei Benzin als Treibstoff, das einen geringeren Energieinhalt hat als der Diesel. Können zwei 370 PS-Diesel eines Kajütbootes bei Vollgas also alle PS aktivieren, brauchen sie rechnerisch rund 155 Liter pro Stunde (740 PS x 0,21 l/PS), umgerechnet auf die gefahrene Strecke von 35 Seemeilen in der Stunde bleibt unter dem Strich ein Verbrauch von 4,3 Liter/Seemeile – oder 232 Liter pro 100 Kilometer. In langsamerer Gleitfahrt, wo entsprechend weniger PS im Einsatz sind, kann der Verbrauch bis auf knapp 3,5 Liter pro Seemeile (189 l/100 km) reduziert werden.

Das klingt immer noch viel, aber schließlich handelt es sich auch um ein komplett eingerichtetes Schiff mit sechs Schlafplätzen und 400 Liter Wasser zum Duschen und nicht um einen Passat Kombi. Das so genannte Leistungsgewicht ist ein zentrales Thema, denn das Eigengewicht versucht ein Boot gegen die nach oben wirkende Auftriebskraft des Rumpfes in Fahrt permanent wieder zurück ins Wasser zu ziehen.

Eins bleibt immer gleich: Pro Stunde rechnet man pro PS mit einem Konsum von 0,21 Liter bei einem Diesel und 0,29 Liter bei Benzin als Treibstoff.”

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Eine große Auftriebsfläche und geringes Gewicht brauchen somit wesentlich weniger Energie von der Maschine als eine kleine Fläche mit großem Gewicht. Ein Gleiter sollte nicht wesentlich mehr als zehn Kilogramm Bootsgewicht pro verfügbarem PS zu bewegen haben, um auch wirklich ein Gleiter zu sein. Halbgleiter liegen klassisch um die 13 bis 20 Kilogramm pro PS Motorleistung. Langsame Verdränger schließlich können reichlich über 100 Kilogramm pro PS im Verhältnis haben und trotzdem ökonomisch betrieben werden, da sie nicht auf die Wasseroberfläche gehoben werden müssen.

Ist ein Schiff also beim Bau zu schwer geraten, installiert man einfach ein paar PS mehr und die Rechnung scheint wieder aufzugehen, aber natürlich bezahlt der Eigner diese kleine Korrektur. So sind 15-Meter-Yachten auf dem Markt, die um sechs Tonnen im Leergewicht und 250 PS in der Motorisierung für dieselben Fahrleistungen variieren. Nach 250 Seemeilen und rund zwölf Stunden Fahrzeit bezahlt man mit dem schwereren Schiff ungefähr 1.000 Euro mehr fürs Tanken. Im Umkehrschluss heißt das: Wer auf 300 Liter Duschwasser verzichtet, kann 100 Liter weniger tanken, kann vielleicht eine kleinere Maschine wählen….

Ein Gleiter sollte nicht wesentlich mehr als zehn Kilogramm Bootsgewicht pro verfügbarem PS zu bewegen haben. Halbgleiter liegen klassisch um die 13 bis 20 Kilogramm pro PS Motorleistung.”

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Ein schweres Schiff braucht also viel PS für schnelle Reisen, an den Maschinen gibt es nur wenige Entwicklungsmöglichkeiten. Das größte Potential liegt somit bei den Booten selbst. Am einfachsten und mit dem geringsten Energieaufwand fahren leichte, schlanke Rümpfe mit möglichst geringer benetzter Oberfläche.

Das wussten schon die Südseebewohner, die mit ihren Proas vor hunderten von Jahren weite Strecken zurücklegten. Im Gegensatz zu Segelbooten waren Motorboote jedoch traditionell Einrümpfer, Experimente hielten sich in einem engen Rahmen. Ihnen fehlt die lange Entwicklungszeit der Segelboote.

Das größte Potential liegt bei den Booten selbst. Am einfachsten und mit dem geringsten Energieaufwand fahren leichte, schlanke Rümpfe mit möglichst geringer benetzter Oberfläche.”

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Maschinenantriebe für Schiffe sind erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts verfügbar und ihre Entwicklungsperiode fiel in eine Zeit, als Rohstoffe fast unbegrenzt verfügbar waren. Es gab kaum Notwendigkeit etwas außer der Geschwindigkeit zu optimieren. Mit schierer Kraft ließ sich fast jede Form auf eine hohe Geschwindigkeit bringen und Energie war im 20ten Jahrhundert billig verfügbar.

 

In Kürze erscheint der zweite Teil zum Thema Verbrauch: Schönheit siegt

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