Riva Aquarama

Ostsee-Wrack: Riva Super Aquarama

Es gab Zeiten, da wurden Holzboote entsorgt. Auch diese Riva Super Aquarama. Sie lag über 30 Jahre auf dem Grund der Ostsee.

Story und Fotos: Claus Reissig

Stefan Baumgart ist sich der Verantwortung, die er mit seinem neuen Schiff übernommen hat, durchaus bewusst. Mit Nr. 147 gehört ihm eine von 203 gebauten Riva Super Aquaramas. 8,25 Meter lang, ausgestattet mit zwei V8 Bigblocks und reichlich 600 PS. Die Super Aquarama ist die Riva schlechthin, von vielen als das Runabout überhaupt vergöttert, Fans knien nieder vor dem eingezogenen Barrel-Back, obwohl das lange vor dem Erfolg der Italiener eine Erfindung von Chris Craft war. Die Preise, die heute für eine Aquarama gezahlt werden, gleichen denen von Mercedes Flügeltürern. „In gutem Zustand werden sie ab 500.000 Euro aufwärts gehandelt,“ sagt Baumgart, lediglich zum Kauf aufgehübscht könne man schon Exemplare für 220.000 Euro bekommen.

Vom Bestzustand ist Baumgarts Riva noch einige Jahre, etliche tausend Euro an Material und schätzungsweise 5.000 bis 6.000 Arbeitsstunden entfernt. Rund 30 Jahre hat sie auf dem Grund der Ostsee vor Niendorf verbracht. Seinerzeit offensichtlich versenkt von ihrem damaligen Eigner – angeblich einer damaligen Größe aus dem Hamburger Rotlichtmilieu – und vermutlich abgerechnet von dessen damaliger Versicherung. Damit ist die „Leap Jear III“ (sie heißt wirklich so) eins von zahllosen Holzschiffen, die das heraufdämmernde GfK-Zeitalter nicht überstehen sollten. Holz war out in den späten 1970ern, die Preise auf Talfahrt; wer konnte sattelte auf GfK um. Die Geschichte von Gunter Sachs, der sich angeblich mit Marilyn Monroe während der Fahrt auf der Sonnenliege einer Riva vergnügte, war noch nicht lange genug her, um Kult zu sein.

Die Super Aquarama ist die Riva schlechthin, von vielen als das Runabout überhaupt vergöttert, Fans knien nieder vor dem eingezogenen Barrel-Back. In gutem Zustand werden die Boote ab 500.000 Euro aufwärts gehandelt.”

Riva Aquarama

Ihr für die Ewigkeit gedachtes Grab in der Ostsee bewahrte Baumgarts Super Aquarama offensichtlich vor dem endgültigen Verfall. Ob  zufällig oder nicht, befand sich der Versenkungsort in einer Rinne im Meeresgrund auf 15 Metern Tiefe in der ansonsten flachen Lübecker Bucht. Fast einen dreiviertel Meter war das Mahagonischiff so über die Jahre mit Sedimenten zugespült worden und wurde ähnlich gründlich konserviert wie so manche Moorleiche, die Chromteile verschwanden unter einer stabilen Kalkschicht.

Mehrere Tage verbrachten ihre Retter allein damit, den fest verbackenen Schlick aus der Riva zu entfernen. Wer die alte Lady heute vor ihrer Restaurierung betritt, unternimmt fast eine Zeitreise. Im unteren Drittel ist sie nahezu in normalem Abnutzungszustand, selbst das Antifouling oder die Bilgefarbe sehen aus, als wären sie erst im Vorjahr aufgetragen worden. Der Schlick stellte Baumgart aber auch vor ungeplante Schwierigkeiten. „Mit den Hebeballons ließ sich das Schiff nicht anheben,“ erzählt er, „durch die Schlickmenge hatte sich das Gewicht des Schiffs von drei auf elf Tonnen erhöht – kalkuliert hatten wir mit sechs!“

Rund 30 Jahre lag die Riva auf dem Grund der Ostsee. Offensichtlich versenkt von ihrem damaligen Eigner und vermutlich abgerechnet von dessen Versicherung. Die Unterlagen darüber wurden entsorgt.”

Riva Aquarama

Für die Bergung der Aquarama im Jahr 2012 hatte seine Betriebsversicherung die Deckung abgelehnt, zu hoch war das Risiko, dass das Holzschiff auseinander brechen und die verbliebenen Öle die Umwelt verschmutzen könnten. „Wir wussten ja nicht, in welchen Zustand sie sich befindet,“ erzählt er, „das Schiff der Küstenwache hat uns die ganze Zeit beäugt, nichts durfte nach dem Heben auf dem Meeresgrund zurückbleiben.“ Mit der Winde eines Fischkutters wurde die Aquarama schließlich bis kurz unter die Wasseroberfläche gezogen, auf eine Sandbank vor Niendorf verlegt und dann vorsichtig durch die Hafeneinfahrt bugsiert. Für manches andre Schiff hätte sich dieser Aufwand nicht gelohnt, sagt der Dortmunder Holzbootspezialist: „Bei einer Riva Florida oder einer kleinen Boesch wäre das wohl nicht rentabel gewesen.“

Trotz des immensen Aufwands hält Baumgart die Bergung immer noch für eine gute Idee: „Für uns ist der Zustand des Schiffes in Ordnung.“ Für Privatleute wäre das Schiff aus der Ostsee dagegen ein unmögliches Projekt gewesen, einmal davon abgesehen, dass private Bergungen offiziell nicht zugelassen sind. 1 ½ Jahre hatten die Vorbereitungen gedauert, nachdem Stefan Baumgart eher zufällig von der Riva erfahren hatte: „Taucher hatten uns auf der Boot in Düsseldorf angesprochen, nachdem sie die Aquarama im Schlick entdeckt hatten. Die konnten wir doch nicht liegen lassen!“ erzählt der gelernte Holzbootbauer, „eigentlich hatten die Taucher die verschwundene Jolle einer Segelschule gesucht.“ Die Bergung erschien ihnen letztlich aber zu riskant, so erwarb Baumgart schließlich die Eigentumsrechte an dem herrenlosen Boot über eine Fundanzeige.

Holz war out in den späten 1970ern, die Preise auf Talfahrt. Die Geschichte von Gunter Sachs, der sich angeblich mit Marilyn Monroe während der Fahrt auf der Sonnenliege einer Riva vergnügte, war noch nicht lange genug her, um Kult zu sein.”

Riva Aquarama

Mittlerweile ist die Riva fast zwei Jahre lang sorgfältig getrocknet worden, die Restfeuchte im Holz auf 15 Prozent gesunken. „Jetzt können wir anfangen das Holz zu bearbeiten,“ erklärt der Juniorchef der Baumgart-Werft, „ungefähr 70 Prozent der Substanz können wir noch verwenden.“ Die Unterkonstruktion des Decks aus Kiefernholz muss ersetzt werden, ebenso wie die Cabrio-Verdeckkästen. Teile der Leibhölzer werden erneuert und außen bekommt das Schiff ein neues Furnier: „das müssen wir wegen der dunklen Stellen im Holz machen,“ sagt Baumgart, „ansonsten zerlegen wir das Boot komplett in seine Einzelteile – jede Schraube, jede Verklebung wird erneuert.“

Ein Projekt in dieser Größenordung ist nicht zu unterschätzen, auch wenn das Boot an sich noch recht komplett aussieht: „Schon das Holzkasko dauert eine ganze Weile, aber die Bestückung einer Aquarama ist schwierig. Details wie zum Beispiel die geflochtenen Taschen auf den Rückseiten der Sitze müssen sehr genau gearbeitet werden.“ Die Sitze selbst wird eine Näherin aus Italien herstellen, die früher für Riva arbeitete, 14.000 Euro rechnet Baumgart allein dafür. Zwei neue Maschinen schlagen mit 50.000 Euro zu Buche, wobei so viele Teile wie möglich vom Original verwendet werden sollen. Viele der verchromten Metallteile wurden bereits auf dem Gebrauchtmarkt neu beschafft.

Nicht nur die Holzarbeiten verschlingen Unsummen: Neue Sitze wird eine ehemalige Riva-Näherin in Italien herstellen, 2 neue Maschinen schlagen mit 50.000 Euro zu Buche.”

Riva Aquarama

Die Flasche Whiskey, die mit einigen Kleinteilen und dem Ölzeug des ehemaligen Eigners aus dem Wrack geborgen wurde, soll schließlich zum Stapellauf geöffnet werden. Wann das sein wird? „Ich rechne mit fünf bis sechs Jahren,“ sagt der Riva-Fan, „es können aber auch sieben oder acht werden – Hauptsache alles bleibt original.“

Riva Aquarama

Ab 1962 wurde die Aquarama bei Riva in Italien als Nachfolgerin der Tritone gebaut. Ein auffälliges Merkmal war der schmale Gang zwischen der Badeleiter und der Liegefläche. Im  Laufe ihrer Bauzeit wechselte sie etliche Male ihre Abmessungen und die Rumpfform, auch die Maschinenanlage blieb nicht gleich. Neben den Chrysler V8 mit rund 7 Liter Hubraum kamen unter andrem in wenigen Modellen auch Lamborghini V12 zum Einsatz. Von 1962 bis 1971 wurden die Aquarama und die stärkere Super Aquarama gebaut, bis 1996 setzte Riva die Produktion mit der Aquarama Special fort. Insgesamt wurden in der 34-jährigen Bauzeit 768 Aquaramas hergestellt.

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