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Verbrauch bei Motorbooten (2/3)

Schönheit siegt

Wer ein Motorboot kauft, legt auf Leistung  und Design zumeist mehr Wert als auf Energieeffizienz. Bei durchschnittlich 50 Betriebsstunden pro Jahr eigentlich auch kein Wunder. Aber wie könnten effiziente Boote aussehen?

 

Story und Bilder: Claus Reissig

Bei Motorbooten hat sich ein Schönheitsideal entwickelt, das mit ökonomischem Fahren nur wenig zu tun hat. Wie bei den amerikanischen Straßenkreuzern der sechziger Jahre gelten große Maschinen und – bei Booten – große Bugwellen als sexy. Das hat seine Faszination – unbestritten, auch ich bekomme bei einem grollenden V8 eine Gänsehaut. Trotzdem zeigt es, dass große Mengen Energie nötig sind, um das Wasser vor dem Schiff beiseite zu drücken.

Bei Motorbooten hat sich ein Schönheitsideal wie bei amerikanischen Straßenkreuzern entwickelt. Große Maschinen – und bei Booten große Bugwellen  – gelten als sexy.”

HalbgleiterSkagen 500000

Wesentlich energieeffizienter fahren die erwähnten schlanken Rümpfe, wie sie vor hundert Jahren üblich waren, als Maschinenleistungen noch nicht beliebig zu steigern waren. Für die heutigen Verhältnisse bieten sie jedoch zu wenig Lebensraum, will man sie nicht zum Beispiel als Katamarane kombinieren. Da ließe sich eine 15-Meter-Yacht auf 300 PS Antriebsleistung reduzieren – um vergleichbare Platzverhältnisse und Fahrleistungen bei einem Einrümpfer  zu schaffen, wären mindestens 800 PS nötig.

Trotz dieses Vorteils, der kleinere, günstigere Maschinen und damit einen günstigeren Kaufpreis mit sich bringen würde, sind die Zweirümpfer im Gegensatz zum Segelyachtmarkt jedoch noch nicht akzeptiert, die Kunden verlangen nach wie vor nach klassischen Einrumpfbooten.

Als Katamaran ließe sich eine 15-Meter-Yacht auf 300 PS Antriebsleistung reduzieren – ein vergleichbarer Einrümpfer bräuchte mindestens 800 PS.”

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Bei den Massenherstellern ist Benzineinsparung kein wirkliches Thema. „Manchmal wundere ich mich auch,“ sagt der Verkaufsleiter einer großen Werft auf Nachfrage, „aber der Messpunkt für die Motorisierung liegt bei unseren Kunden eher bei 100 PS Leistung mehr, als bei zwei Liter Verbrauch weniger,“ auch wenn man damit am Ende nur marginal schneller ist. „Für eine zu große Maschine im Schiff sind wir noch nie kritisiert worden,“ sagt der Experte.

Der gleiche Tenor herrscht bei den Luxusyachtherstellern; Gewicht sparen heißt auch am Komfort sparen und so müssen Granitküchenplatten und –fliesen im Bad immer noch mit beschleunigt werden. Für solche Schiffe optimierte Rümpfe scheitern nicht selten an den Konstrukteuren. Auch natürlich, weil Gewicht Komfort bedeutet. Eine große Masse reduziert die schnellen Bewegungen des Schiffes in der Welle

Die Kunden wollen eher 100 PS Leistung mehr, als bei zwei Liter Verbrauch weniger,“ sagt ein Experte. „Für eine zu große Maschine im Schiff sind wir noch nie kritisiert worden.”

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Trotzdem kann man ja über Alternativen nachdenken. „Konstrukteure und die Schifffahrt sind sehr konservativ, neue Entwürfe werden häufig mit großer Skepsis aufgenommen,“ weiß Dr.-Ing. Dietrich Wittekind, der mit seinem  zum Patent angemeldeten PFH (Parametic Fast Hull) eine Lösung parat hat, mit dem Einsparungen von 30 Prozent und mehr drin sind. Wittekind, ehemaliger Direktor der Hamburgischen Schiffsbauversuchsanstalt (HSVA), hat das Wirkungsprinzip im Schlepptank überprüft, eine Yacht ist bereits mit der von ihm entwickelten Rumpfform gebaut.

„Da waren wir schon bei der ersten Probefahrt überrascht,“ schwärmt Wittekind, „es gibt keinen Übergang von Verdränger- auf die eigentlich unbeliebte Halbgleitfahrt, das Schiff läuft über 18 Knoten.“ Bei der knapp zwölf Meter langen Yacht mit lediglich 130 PS bedeutet das bei Volllast einen Verbrauch von gerade einmal 1,5 Liter Diesel pro Seemeile. Das entspricht einer Leistungserhöhung von 34 Prozent – fast eine Revolution. Und auch der Komfort kommt bei diesem optimierten Rumpf nicht zu kurz, bis 29 Knoten sollen mit 260 PS möglich sein.

Neue Entwürfe werden mit großer Skepsis aufgenommen,“ sagt Dr.-Ing. Dietrich Wittekind, dessen Parametic Fast Hull Einsparungen von über 30 Prozent ermöglicht.”

Nübbel0000

Das Prinzip ist ein im Heckbereich quer zur Fahrtrichtung konkaver Rumpf, der das Schiff hinten beim Beschleunigen anhebt. Während übliche Konstruktionen hinten absacken, bleibt das Boot immer waagerecht. Bisher hat sich aber nur ein privater Eigner, sowie der Betreiber des Lotsenbootes „Nübbel“ auf dem Nord-Ostsee Kanal von den Vorteilen überzeugen lassen. Bis zu 500 Tonnen dürften die Schiffe wiegen, die das Konstruktionsprinzip einsetzen, eigentlich ideal für den Yachtbereich, in dem Wittekind genauso nach Kunden sucht wie bei der Marine.

Um den Rumpf verwenden zu dürfen, sind derzeit Lizenzgebühren von 3.000,- Euro fällig, die sich schnell amortisieren würden: „Es könnten kleinere Maschinen eingebaut werden, das spart genauso Geld, wie der geringere Verbrauch. Vermutlich wäre das Schiff auch noch schneller,“ sagt Wittekind, trotzdem ist die Nachfrage noch gering.

Auch bei leichteren Gleitbooten setzen einige Werften auf kleinere Maschinen, für die vor allem das Bootsgewicht reduziert werden muss.”

Test Cap Camarat im Mittelmeer vor Cannes. März 2016.

Auch bei leichteren Gleitbooten setzen einige Werften auf kleinere Maschinen, für die vor allem das Bootsgewicht reduziert werden muss. Mit Sandwichrümpfen lassen sich bei RIBs in der Acht-Meter-Klasse heute mit einer 300-PS-Maschine Leistungen realisieren, für die vorher zwei 250-PS-Außenborder nötig waren. Der geringere Verbrauch steht bei Kauf jedoch häufig nur an zweiter Stelle, interessanter ist zumeist das reduzierte Transportgewicht, für den das Auto dann eine Nummer kleiner ausfallen kann. Auch das trägt natürlich zur Einsparung bei.

Motorboote werden pro Jahr nur rund 50 Stunden bewegt – da fallen da 100 Liter Benzin mehr oder weniger kaum ins Gewicht.”

Mallorca

Bei Trailerbooten mit Benzinmotoren im Freizeitbereich schätzen Experten die jährliche Einsatzzeit übrigens auf durchschnittlich 30 bis 40 Stunden, nicht trailerbare Boote werden im Schnitt lediglich 50 Stunden bewegt – Rechnet man die Kosten für die Anreise zum Boot, fallen da 100 Liter Benzin mehr oder weniger tatsächlich kaum ins Gewicht.

Im Gegensatz zum Auto räumen viele Experten dem elektrischen Antrieb dagegen weniger Chancen auf eine große Verbreitung ein. Außer natürlich auf Revieren, auf denen Verbrenner verboten sind. Fachleuten fehlt im Bootssektor einer der größten Vorteile des Elektroantriebs: Die Energierückgewinnung beim Bremsen.

 

In Kürze erscheint auf Boats and Stories erscheint der dritte Teil zum Thema Kraftstoffverbrauch: Elektroantrieb – der alte Hut wird hipp

Lesen Sie auch Teil 1: Die paar Liter mehr!

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