Puls 600 / Corsair Marine Test Schlei November 2015

Test Corsair Pulse 600

Drei Mann, drei Rümpfe. Das langt für großen Spaß. Wer weiter weg will, macht den Tri klein

Will man den Weg nach Luv mit der neuen Pulse 600 mit einem Wort beschreiben, trifft es vielleicht undramatisch am Besten. Zu dritt sitzt die Crew entspannt in dem mittleren, offenen Rumpf, kein Wasser kommt über, der Leeschwimmer macht keinerlei Anstalten dramatisch zu unterschneiden, nichts knarrt, kracht oder biegt; eine entspannte Unterhaltung kommt auf. Das ist nicht das, was man von einem Trimaran dieser Größe erwartet hätte, vor allem nicht, wenn wir kurz abfallen und mit dem kleinen Gennaker das Boot locker auf zehn Knoten bringen – fast lautlos zischt der kleinste Corsair über die nur mäßig bewegte Schlei.

Das Klappen übt eine gewisse Faszination aus – vor allem auf Menschen, die sonst Dickschiffe gewöhnt sind, nebst der nötigen Kräne und Liegeplätze“

SB Pulse600 Artikel 4

Laut den Machern des spektakulär mit ausgestelltem Groß, Axbows und Bugspriet ausgestatteten Tris ist genau das gewollt. Der sechs Meter lange Mehrrümpfer soll als Einsteigerboot am besten Familien aufs Wasser holen, denen ein Strandkat eine Nummer zu sportlich ist und sie später zum Kauf einer Corsair 28 oder 37, einer Sprint, Dash oder Cruze verführen, die der größte Trimaran-Hersteller weltweit als sportliche Fahrtenboote im Programm hat. Rund 2.000 Corsairs schwimmen bereits auf ihren drei Kufen oder liegen ebenso unverwechselbar mit aufragenden Beams transportfertig auf Anhängern. Da kann man sich das kleine Experiment eines offenen Tris offensichtlich leisten. Keine neue Idee zugegebenermaßen: Mitbewerber Quorning aus Dänemark hatte ebenfalls eine 600 im Programm, von der jedoch bis zum Produktionsende 2012 lediglich eine homöopathische Menge verkauft wurde.

Das soll die Pulse 600 jetzt besser machen. Hauptargumente dürften dabei sein: klappbar, groß genug für eine Familie (laut CE-Kategorie C für 6 Personen in küstennahen Gewässern) und auch von einer kleinen Crew problemlos aufzubauen und zu segeln. Wer die Handgriffe einmal kennt, kann sein Boot in einer guten Stunde vom Trailer im Wasser haben. Kranen oder Slippen ist mit angeklappten Rümpfen möglich, die Pulse liegt stabil im Wasser. Dank der scherenartigen Scharniere kann eine Person allein den Tri zu seiner vollen Breite (4,50 Meter) ausklappen, auf ein zusätzliches Spannen der Trampolins kann verzichtet werden, die vier Bolzen zur Sicherung hinein und fertig ist der Mehrrümpfer. Das übt eine gewisse Faszination vor allem auf Menschen aus, die sonst Dickschiffe gewöhnt sind, nebst der nötigen Kräne und Liegeplätze – alles geht ganz einfach. Zudem ist die Pulse 600 mangels Ballast ein leichtes Boot, das sich mit einem Gesamtgewicht von 750 Kilogramm inklusive Trailer vermutlich von jedem Auto ziehen lässt, das auch eine Anhängerkupplung hat.

Sie wollen eins der Bilder kaufen?

Kein Problem. Einfach “zu meine Bilder hinzufügen” klicken und unter meine Bilder in Toppqualität bestellen. Als Geschenk, als Dekoration über’s Sofa oder über den Schreibtisch.

Diese Leichtigkeit setzt sich auch auf dem Wasser fort. Die Großschot ist auf dem achteren Beam aus dem Weg und für den Steuermann gut zu erreichen, die Genuaschoten landen auf dem massiven Kohlefaserbügel, der auch den Mast trägt. Auf Winschen verzichtet Corsair, da ist die Pulse ist mehr Jolle als Yacht, trotz fast 20 Quadratmeter Großsegelfläche lässt sich bei heute rund drei Beaufort alles leicht bedienen. Die Plätze im Cockpit – ja, die hat die Pulse – sind sicher und bequem. Sollte der Wind zunehmen kann die Crew erst auf den Trampolins und später in den Fußschlaufen ausreiten. Für den Steuermann ist das nicht vorgesehen: Durch den kurzen Pinnenausleger ist sein Platz in der Schiffsmitte. Auf einen Schwertkasten wird verzichtet, was zusätzlichen Raum bringt. Die Pulse verfügt über ein praktisches Steckschwert; gemeinsam mit dem klappbaren Ruder reduziert sich der Tiefgang von 1,20 Meter auf minimal 22 Zentimeter – wenig genug für einen Liegeplatz am Strand.

Die mächtigen äußeren Rümpfe erreichen fast die Länge des Mittelrumpfes. Diese Konstruktion hat sich im Gegensatz zu früheren Designs mit kleinen Stützrümpfen auch bei den Hochseetris durchgesetzt, spürbar wird das Heute auf der Schlei durch den großen Auftrieb des jeweils stützenden Leeschwimmers: Eine Böe oder ein unvorsichtiges Abfallen bringen den in Vietnam gefertigten Mehrrümpfer nicht aus der Ruhe. Hier muss man keine Angst vor einem Unterschneiden haben. Für Nicht-Tri-Segler dürfte der Platz des Vorschoters beeindruckend sein. Mangels Kajüte sitzt er direkt hinter dem vorderen Beam am Mast mit Blick auf das unter dem Boot hindurch strömende Wasser. Gut geschützt übrigens durch das geschlossene Vordeck, das sich durch das Wegnehmen der Haube im Sommer auch komplett öffnen lässt. Noch einmal darunter befindet sich ein geschlossener Stauraum. Für Manöver lässt sich der Tri mit einem bis zu vier PS großen Motor bestücken, wobei bei unsrem Testschiff die tief angebrachte Motorhalterung in der Wende noch viel Wasser ins achtern offene Cockpit schaufelt. Sonst lässt sich über die Qualität des gut 45.000 Euro teuren Testschiffes nichts Negatives sagen: Finish, Passungen, Materialstärke und Ausrüstung machen einen beruhigend überlegten Eindruck.

Deutschland ist noch eine Domäne der Einrümpfer. Aber wer weiß? Die Mehrrümpfer sind im Kommen“

Pulse 600 / Corsair Marine beim Test auf der Schlei im Oktober 2015

22 Stück sollen von der erst 2015 vorgestellten Pulse 600 mittlerweile verkauft worden sein, die meisten davon nach Australien und in die USA; in Europa gibt es derzeit erst zwei. Das könnten durchaus mehr werden, denn als Wochenend- und Wanderschiff bei gutem Wetter könnte man sich die kleine Corsair vorstellen. Theoretisch würde sich sogar eine Einheitsklasse zum Regattasegeln anbieten, das ist bis auf wenige Ausnahmen in Deutschland jedoch eine Domäne der Einrümpfer. Aber wer weiß? Die Mehrrümpfer sind im Kommen, nicht nur auf Hochseeregatten, sondern auch bei der Tour de France à la voile oder dem America’s Cup. Das könnte der Pulse helfen und ihr einen Vorteil verschaffen, den die Dragonfly 600 seinerzeit noch nicht hatte.

Daten und Preise

Länge:                         6,0 m

Breite:                          4,50 m (2,45)

Tiefgang:                     0,22 m / 1,20 m

Verdrängung:             450 kg

Großsegel:                  19,1 qm

Fock:                            7,5 qm

Gennaker:                   25,4 qm (32 qm)

Konstrukteur:              Perus Yacht Design

CE-Kategorie:            C (küstennahe Gewässer, 6 Personen)

 

Preis: ab 45.170,- Euro

Werft:

Corsair Marine, 7 Go O Moi Street, Phu Thuan Ward District 7, 
Ho Chi Minh City, Vietnam

 

Fahrleistungen unter Segeln (Windgeschwindigkeit: 10 Knoten)

60°                        10 Knoten

 

Theoretische Rumpfgeschwindigkeit: 6,0 Knoten

Facebook